Adaptiv-Judo in der EJU:
Nicht im Sinne des ID-Judo
Was im Hinblick auf Adaptiv-Judo in den Gremien der Europäischen Judo Union (EJU) diskutiert wird, ist sicherlich nicht im Sinne der Judoka mit geistigen Einschränkungen und geht an deren Bedürfnissen komplett vorbei.
Es scheint mir mehr als unsinnig und geradezu gefährlich, alle Judoka mit einer Einschränkung gegeneinander kämpfen zu lassen. Wer ist eigentlich ein „Adaptiv-Judoka, ist die wichtigste Frage, die sich mir stellt. Anscheinend darf jeder, der sich eingeschränkt fühlt, an diesen Wettbewerben für angepasstes Judo teilnehmen. Ausschlusskriterien kann ich nirgendwo finden. Wo wird das hinführen?
Wo bleiben die Menschen mit geistigen Einschränkungen, wenn jetzt „Mainstream-Judoka“, die im allgemeinen Judo nicht mehr so erfolgreich sind, dieses Handlungsfeld für sich entdecken?
Dr.Wolfgang Janko
Welche gesundheitlichen Gefahren werden damit verbunden sein?
Da bleiben für ID-Judoka nur noch die Wettbewerbe von VIRTUS. Startvoraussetzung hier ist ein Intelligenz-Quotient von unter 75 für die Wettkampfklasse Ill und II2. So werden wenigstens einigermaßen gleiche Startbedingungen für ID-Judoka geschaffen, wobei die Differenzierung, wer ist Levell- und wer ist Level2-Judoka, nicht immer transparent und nachvollziehbar ist. Helfen kann hier sicherlich der von mir unter Einbeziehung verschiedener Akteure entwickelte Skill-Test zur Wettkampfeinteilung.
Noch fairer wäre eine klare medizinische Indikation für die II2-Athleten, zum Beispiel Wettkämpfe ausschließlich für Down-Athleten mit der Trisomie 21. Mit einer solchen Einteilung hätte ID-Judo überhaupt erst eine Chance, in das paralympische Wettkampfsystem aufgenommen zu werden. Aber selbst dieses System ist nicht stringent, wenn Leute bei VIRTUS, also bei den Wettbewerben der geistig Eingeschränkten mitkämpfen und gleichzeitig ihr Studium mit einem Bachelor-Examen abschließen.
Völlig überbordend ist aber die EJU-Adaptiv-Kata-Wettkampfordnung. Sie beinhaltet sechs Kodokan-Kata, drei zusätzliche Kata und weitere spezielle Kata, also insgesamt etwa zwölf verschiedene Kata-Demonstrationen. Diese werden durchgeführt in drei verschiedenen Levels. Was mit den vier unterschiedlichen Kategorien gemeint ist, ist mir auch nicht so richtig einsichtig.
Dann gibt es da noch eine „Ne-Waza Nage-No-Kata“? Selbst wenn man vom „Fach“ kommt, dieses studiert hat und mehr als 40 Jahren im Behinderten-Judo aktiv ist, kommen Probleme auf, diese KataRules nachzuvollziehen. Zwölf Kata-Demonstrationen in drei verschiedenen Levels bedeutet eine Unmenge an Wettbewerben. Zuweilen ist halt weniger mehr. Wäre hier nicht eine Begrenzung auf wenige Wettbewerbe sinnvoller?
Der Deutschen Judo Bund könnte für die EJU hier ein gutes Vorbild sein.
Dr.Wolfgang Janko
Beim DJB gibt es seit 2017 bei den Deutschen KataMeisterschaften auch die inklusiven Kata-Wettbewerbe. Angeboten werden im Stand die Nage-No-Kata für Level 1- und Level 2-Judoka, wobei jeweils nur eine der fünf Wurfgruppen demonstriert werden muss und am Boden, ohne Level-Differenzierung, die erste Gruppe der Katame-No-Kata.
r Katame-No-Kata.
Mit ist nicht bekannt, dass andere Länder der EJU ähnliche nationale Meisterschaften durchführen, aber in deren Gremien finden sich die deutschen Erfahrungen im gesamten Behinderten-Judo überhaupt nicht wieder.
Dr. Wolfgang Janko
Dieser Bericht wurde mehrfach veröffentlicht und soll ein kritischer Wegweiser sein. Ein Bericht von einer der weltweit erfahrensten und größtes Kompetenzen im ID-Judo, Dr. Wolfgang Janko – 7 DAN Judo – seit über 50 Jahren aktiv in Ausbildung und enger Empathie zu unseren Töchtern und Söhnen, weltweit. Sportdirektor der ersten ID-Judo IJF Weltmeisterschaft 2017 in Köln, der Europameisterschaft ID-Judo 2019 in Köln. Mitglied der Paralympischen Kommission VIRTUS ID-Judo.
Free translation:
Adaptive judo in the EJU: Not in the spirit of 1D judo What is being discussed in the committees of the European Judo Union (EJU) with regard to adaptive judo is certainly not in the spirit of judoka with mental disabilities and completely ignores their needs. It seems more than nonsensical and downright dangerous to me to allow all judoka with a disability to fight against each other. Who is actually an „adaptive judoka“ is the most important question I ask myself. Apparently, anyone who feels restricted is allowed to take part in these adaptive judo competitions. I can’t find any exclusion criteria anywhere. Where will this lead?
Where will people with mental disabilities be left if „mainstream judoka“, who are no longer so successful in general judo, discover this field of activity for themselves? What health risks will this entail? The only remaining option for ID judoka is the VIRTUS competitions. The starting requirement here is an intelligence quotient of less than 75 for competition classes Ill and II2. This will at least create more or less equal starting conditions for ID judoka, although the differentiation between level 2 and level 2 judoka is not always transparent and comprehensible. The skill test that I developed with the involvement of various players for the competition classification can certainly help here.
Even fairer would be a clear medical indication for II2 athletes, for example competitions exclusively for Down’s athletes with trisomy 21. With such a classification, ID judo would have a chance of being included in the Paralympic competition system in the first place. But even this system is not stringent when people compete in VIRTUS, i.e. in competitions for the mentally impaired, and at the same time complete their studies with a bachelor’s degree.
However, the EJU Adaptive Kata competition rules are completely excessive. It includes six Kodokan kata, three additional kata and other special kata, i.e. a total of around twelve different kata demonstrations. These are performed in three different levels. What is meant by the four different categories is not really clear to me either.
Then there is also a „Ne-Waza Nage-No-Kata“? Even if you come from the „field“, have studied it and have been active in disabled judo for more than 40 years, it is difficult to understand these kata rules. Twelve kata demonstrations in three different levels means a huge number of competitions. Sometimes less is more. Wouldn’t it make more sense to limit this to just a few competitions?
The German Judo Federation could be a good role model for the EJU here. The DJB has also had inclusive kata competitions at the German Kata Championships since 2017. The Nage-No-Kata for Level 1 and Level 2 judoka are offered in the standing position, whereby only one of the five throwing groups has to be demonstrated and the first group of the Katame-No-Kata on the ground, without level differentiation. I am not aware that other EJU countries hold similar national championships, but the German experience in disabled judo as a whole is not reflected at all in their committees
Dr. Wolfgang Janko